Zwischen Schule und Storyboard

Kiu Mergenthaler ist nicht nur Schüler am FG Basel, sondern auch ein leidenschaftlicher Filmemacher. Schon früh entdeckte er seine Faszination für das Medium Film. Im Interview spricht er über seinen persönlichen Werdegang, seine Projekte und darüber, wie ihn das FG auf seinem Weg unterstützt hat.

 

Interviewer: Kiu, magst du dich kurz vorstellen und erzählen, wie dein Weg am FG verlaufen ist?

Kiu: Ich heisse Kiu Mergenthaler, bin 20 Jahre alt und seit der sechsten Klasse am FG, momentan im letzten Jahr des Gymnasiums.

Interviewer: Wie bist du überhaupt zum Filmemachen gekommen? 

Kiu: Ich habe schon immer viel gezeichnet, dann fotografiert und irgendwann kamen erste kleine Videos dazu, aber nichts Grosses. In der Schule gab’s dann ein Projekt im Deutschunterricht: Wir sollten einen kleinen Werbefilm drehen.  Das war mein erstes «grösseres» Projekt. Später dann in den Ferien hatte ich Zeit und mir kam spontan die Idee für einen Kurzfilm, den ich mit einem guten Freund als Schauspieler umgesetzt habe: Der Aufschieber. Diesen Kurzfilm habe ich bei verschiedenen Filmfestivals eingereicht. Er wurde beim Zürcher Jugendfilmfestival nominiert und gewann bei den Zuger Filmtagen den Preis für den besten Nachwuchsfilm. 

Interviewer: Welche Rolle hat das FG Basel für deine Entwicklung gespielt? 

Kiu: Eine wichtige Rolle. Es gibt zwar kein Schulfach „Film“, aber durch andere Fächer – vor allem AIMUK als Ergänzungsfach – konnte ich das Filmen auch in der Schule verfolgen.  Mit Herrn Näff, meinem AIMUK Lehrer und gleichzeitig auch mein Betreuer für die Maturarbeit und Herrn Bretscher, meinem Deutschlehrer und Co-Referent der Maturarbeit, hatte ich zwei wichtige Bezugspersonen, mit denen ich viel über Film sprechen konnte und die mich beide unterstützt haben. Ohne ihr Interesse und ihre Offenheit wäre vieles gar nicht möglich gewesen. 

Interviewer: Du hast auch das Schwerpunktfach Kunst ein Jahr früher abgeschlossen – wie kam es dazu? 

Kiu: Das kam durch einige Mitschüler, die in Naturwissenschaften früher abschliessen konnten. Daraufhin habe ich gefragt, ob ich die Kunstmatur ebenfalls vorziehen kann, um mehr Zeit für meine Filmprojekte zu haben. Ich hatte durchwegs sehr gute Noten in Kunst und deshalb wurde mein Antrag genehmigt. Seitdem habe ich drei Stunden pro Woche frei für meine eigenen Filmprojekte, muss aber Herrn Reich, meinem Kunstlehrer, regelmässig zeigen, woran ich gerade arbeite. 

Interviewer: Du konntest auch deine Maturarbeit dem Film widmen, richtig? 

Kiu: Ja, das war mir sehr wichtig. Ich wusste früh, dass ich etwas Praktisches machen will. Die Maturarbeit Schmetterling war mein zweiter richtiger Kurzfilm. Ich habe dafür extrem viel Zeit investiert – auch über den schulischen Rahmen hinaus. 

Interviewer: Schmetterling beschäftigt sich mit dem Schmetterlingseffekt. Warum gerade dieses Thema? 

Kiu: Physik hat mich schon immer interessiert – besonders Themen wie Schwarze Löcher, die Chaos-Theorie oder Schrödingers Katze. In der 9. Klasse habe ich eine Arbeit über die wissenschaftlichen Hintergründe des Films Interstellar geschrieben. Schon damals entstand der Wunsch solche Themen selbst filmisch aufzugreifen – allerdings nicht im Rahmen einer klassischen, logisch aufgebauten Handlung. Mich interessiert vielmehr, wie die Vorstellung möglicher Konsequenzen unser Entscheidungsverhalten beeinflusst. 

In Schmetterling habe ich mich nicht direkt mit die Chaos-Theorie auseinandergesetzt, sondern eher mit ihrem psychologischen Aspekt: Wie entstehen Entscheidungen, und welche Gedanken, Zweifel oder innere Konflikte spielen dabei eine Rolle. 

Interviewer: Du hast verschiedene Funktionen übernommen: Regisseur, Autor, Kameramann ... Woher hast du das Wissen und wie hast du das alles gemeistert?

Kiu: Learning by Doing – und YouTube. Es gab zwar mal einen Kamerakurs am FG, aber das meiste habe ich mir selbst beigebracht. Ich habe viele Interviews mit Kameraleuten und Regisseur*innen angeschaut. Vieles lernt man einfach durch Ausprobieren. Bei Schmetterling habe ich das Drehbuch geschrieben, die Produktion organisiert und koordiniert, habe «Props» selber hergestellt, war Kameramann, Regisseur, Editor und habe die Visual Effects gemacht.

Interviewer: Was war dabei die grösste Herausforderung? 

Kiu: Die Lichtgestaltung war besonders herausfordernd – vor allem bei Schmetterling. Ich habe mit verschiedenen Farbtemperaturen je nach Szene und Stimmung, die ich ausdrücken wollte, gearbeitet und Lichtquellen so eingesetzt, dass es realistisch aussieht. Auch die Dreharbeiten mit echten Schmetterlingen waren speziell. Für kurze Zeit habe ich zuhause Schmetterlinge gezüchtet und konnte sie so beim Schlüpfen beobachten. Genau diesen Moment einzufangen – das war schon besonders. 

Interviewer: Wie geht es nach deinem Abschluss am FG weiter? 

Kiu: Ich nehme ein Zwischenjahr, um praktische Erfahrungen zu sammeln – auf Sets arbeiten, Praktika machen, eigene Projekte weiterführen. Danach will ich mich an Filmhochschulen bewerben. Film ist definitiv das, was ich beruflich machen möchte. 

Interviewer: Hast du Vorbilder? 

Kiu: Als Regisseure finde ich Denis Villeneuve („Prisoners“, „Dune“), Christopher Nolan („Interstellar“, „Inception“) und David Fincher („Fight Club“, „Seven“) sehr interessant. Kameramässig sind Roger Deakins und Greig Fraser eine grosse Inspiration. 

Interviewer: Du hast schon Festivalerfahrungen gesammelt – Zürcher Jugendfilmtage, Zuger Filmtage… Jetzt kommt deine nächste Premiere für Familie und Freunde. Was bedeutet dir das? 

Kiu: Es ist immer aufregend, auch wenn ich den Film schon oft gesehen habe. Viele meiner Freunde und meine Familie haben ihn noch nie gesehen. Die Premiere ist immer etwas Besonderes, weil man die Reaktionen direkt mitbekommt. Und den Film auf einer grossen Kinoleinwand zu sehen hat auch noch einmal eine andere Wirkung.

Interviewer: Gibt es einen Moment, der dir besonders in Erinnerung geblieben ist? 

Kiu: Ja, ein paar, zum Beispiel beim Filmen im Wald für die AIMUK Gruppenarbeit des Film Nejasno hatten wir zufällig einen wirklich schönen Sonnenuntergang – das hat die Szene nochmal verbessert. Und als der Schmetterling geschlüpft ist, habe ich genau im richtigen Moment gefilmt. Das war auch beeindruckend. 

Interviewer: Was würdest du anderen Schüler*innen mit auf den Weg geben, die sich fürs Filmemachen interessieren? 

Kiu: Einfach anfangen – nicht warten, bis alles perfekt ist. Man lernt beim Machen. Wichtig ist, dranzubleiben: klein anfangen, Ideen ausprobieren und sich nicht stressen lassen, wenn mal was nicht klappt. 

Vielen Dank für das Gespräch, Kiu – und weiterhin viel Erfolg! 

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